Evgenij Kozlov
o.T.

Mischtechnik/Papier, 64 x 44 cm , 2000


Im Jahre 2000 entsteht eine Anzahl grafischer Arbeiten unter Einbeziehung figuraler Motive von Fotografien, die teilweise erst kurz zuvor aufgenommen wurden und teilweise bis in die Mitte der achtziger Jahre zurückreichen. Merkmal dieser Grafiken ist ihre leuchtende Transparenz, die zarten Übergänge der Farbflächen, wie zum Beipiel hier zwischen weiß und cremefarben, sowie die verhaltene Dynamik in der Bewegung der Figuren.

Die vorliegende Grafik fügt die Motive der tanzenden Iveta Pomerantseva aus zwei Fotografien der Serie "Good Evening Gustav" (1985) zusammen, deren Körperhaltung jeweils durch sich überkreuzende zickzackförmige Linien beschrieben werden kann - das Prinzip des Scherengitters. Aus dieser Elastizität baut sich die Spannung der Figuren auf. Darüberhinaus hat jede der beiden Ivetas ihre eigene Individualität. Die linke Figur bekommt durch das stark akzentuierte X von Hüften und Beinen einen leichten Zug ins Groteske. Die übergroßen Schuhe sowie die Drehung und Hebung des linken Fußes - ein klein wenig ausgeprägter als auf der Fotografie - vermitteln der Haltung etwas Staksiges. Man fühlt sich an das Auftreten kleiner Mädchen in den Pumps der Mutter erinnert. Die rechte Figur, unbekleidet und sehr viel zarter dargestellt, vermittelt mit ihren überlangen Gliedern und ihrem nach vorne fallenden Kopf den Eindruck einer Puppe, die an Fäden bewegt wird, deren Spannung aber gerade gelöst wird. Während der Schwerpunkt der linken Figur in der prallen und sinnlichen Hüfte liegt, ist er bei der rechten Figur im Bereich der Schultern, und die farbige Einfassung des Rückens kann als aus der Schulter wachsender Flügel interpretiert werden.

Durch diese scheinbar minimale Akzentverschiebung gegenüber den Fotografien erreicht Evgenij Kozlov eine Kontrastierung der beiden Figuren, die ursprünglich nicht vorhanden ist. Eine sinnliche, aktive weibliche Gestalt einerseits, eine ätherische, der Wirklichkeit entrückte, in sich versunkende Gestalt andererseits. Die eine Gestalt findet ihre Ergänzung in der anderen.